6. Einstellungen für Kunstflug

Basics

Die Bilder und die Texte sind von Loys Nachtmann

Bevor Sie ein Kunstflugmodell für den Aerobatic-Einsatz optimieren, müssen mehrere Parameter bereits voreingestellt sein: Schwerpunkt, Motorsturz, Motorseitenzug, EWD (Einstellwinkeldifferenz) sowie die Größe der Ruderausschläge müssen annähernd stimmen.Da jeder Kunstflugpilot hier seine eigenen Vorlieben hat, möchten wir ein paar Anhaltspunkte geben, die Sie einfach auf Flugzeug übertragen können.

Zwei Faustregeln

Bei einem Kunstflugmodell ist der Flügel im Horizontalflug zwischen 0,5 und 1,5 Grad gegen die anströmende Luft angestellt. Je höher das Modellgewicht, desto größer muss der Einstellwinkel sein. Mitteldecker kommen mit einem geringeren Einstellwinkel des Flügels aus: 0 bis 0,5 Grad reichen bei leicht gebauten Modellen völlig. Die Profilsehne des Höhenruders verläuft bei fast allen Kunstflugmodellen parallel zur Rumpfmittellinie, das heißt Null Grad Einstellwinkel. Zum Ausmessen des bzw. der Einstellwinkeldifferenz benötigt man eine EWD-Waage, die eine Auflösung von einem viertel Grad haben sollte.

Motor: Seitenzug und Sturz

Auch der Seitenzug und Sturz des Motors spielen beim Kunstflug eine wichtige Rolle. Hier haben sich einige Werte herauskristallisiert, die man auf die meisten Kunstflugmodelle direkt übertragen kann: Wird der Motor zum Beispiel mit einem Seitenzug von 1,5 bis 2 Grad und einem Sturz zwischen 1 und 1,5 Grad eingebaut, dann hat man schon recht gute Ausgangswerte, der Rest muss erflogen werden.

Eine Ausnahme bilden jedoch Kunstflugdoppeldecker wie zum Beispiel der Ultimate. Hier sieht die Nasenleiste des Höhenleitwerks im Horizontalflug etwa 1,5 Grad nach oben, und die beiden Flügel sind nicht gegen die anströmende Luft angestellt. Das heißt, die Profilsehne der Tragfläche verläuft parallel zur Rumpfmittellinie (Einstellwinkel = 0 Grad). Auch der Sturz und Seitenzug des Motors sehen bei einem Doppeldecker anders aus als bei einem Tief- oder Mitteldecker. Sowohl bei einer Goldberg-Ultimate (Spannweite 1,4 Meter) als auch bei einer Voll-GFK/CFK-Ultimate (Spannweite 2 Meter) schaut der Motor um 1,5 Grad nach rechts in Flugrichtung (Seitenzug) und um 1,5 Grad nach oben (negativer Motorsturz!). Doppeldecker sind eben Kunstfluggeräte der besonderen Art, denn hier gilt das Motto:

Ein Doppeldecker muss krumm eingestellt sein, damit er gerade aus fliegt.

Sender: Steuerknüppel und Trimmhebel

Am Sender werden die Steuerknüppel und alle Trimmhebel in die Neutralstellung gebracht. Die Drehkreuze bzw. Steuerscheiben werden so auf die Abtriebsachse gesteckt, dass Servos und Ruder nach beiden Seiten hin uneingeschränkt in die Extremstellung laufen können. Weder die Drehkreuze auf den Servos noch die Rudergestänge dürfen gegen irgendein Hindernis laufen.

Befinden sich die Servos in der Neutralstellung, dann muss die Länge der Rudergestänge so eingestellt werden, dass sich die Ruderblätter von Quer-, Höhen- und Seitenruder ebenfalls in der Nullposition befinden. Dann werden alle Ruder nacheinander in die beiden Extrempositionen gefahren. Der Ausschlag nach beiden Seiten soll für den Anfang gleich groß, also symmetrisch sein. Sollte sich beim Einfliegen herausstellen, dass das Flugzeug mit differenziert angesteuerten Querrudern besser durch die Figuren zieht oder beim gedrückten Looping einen erhöhten Tiefenruderausschlag benötigt, dann nehmen wir später bei der Feinabstimmung entsprechende Maßnahmen vor.

Wichtig ist: Der maximale Ruderausschlag muss dem maximalen Stellweg der Servos entsprechen.

Das heißt, eine elektronische Wegbegrenzung mit der Dual-Rate-Funktion hat beim Einfliegen und Austrimmen eines Kunstflugzeuges nichts zu suchen. Hat man einen Computersender, dann erweisen sich 20 bis 40 Prozent separat zuschaltbarer Exponentialanteil auf Quer- und Höhenruder oft als nützlich: Beim Erstflug eines neuen Modells ist meist die Ruderwirkung unbekannt. Durch gezieltes Zuschalten der Exponentialfunktion auf giftig reagierende Ruder kann man das Flugmodell beim Erstflug lammfromm machen und ohne Probleme landen.

Gerissene Figuren: Starke und schnelle Servos müssen rein

Aus Sicherheitsgründen wird bei Kunstflugmodellen jedes Höhenruderblatt mit einem eigenen Servo angelenkt. Selbst sogenannte Profiservos haben wegen Fertigungstoleranzen verschiedene Stellzeiten. Bei vollem Ruderausschlag erreichen deshalb nicht beide Höhenruder gleichzeitig den gewünschten Ruderausschlag. Besonders bei den sogenannten Snap-Figuren machen sich Höhenruderservos mit verschiedenen Stellzeiten unangenehm bemerkbar: Statt einer gestoßenen Rolle entsteht eine Fassrolle oder der Flieger bricht unkontrolliert aus. Reißt die Strömung bei gerissenen Figuren nicht ab, dann reagiert meist das Seitenruderservo wegen zu hoher Ruderkräfte viel zu träge.

Diesem Problem rücken Sie so zu Leibe:

Koppeln Sie einfach zwei oder drei Servos mit Kohlestangen parallel. Über zwei Fesselfluglitzen lenken Sie dann das Seitenruderblatt an. Bevor ein Kunstflugmodell zum ersten Mal in die Luft geht, muss natürlich der Schwerpunkt grob eingestellt werden. Bei Bausatzmodellen stellt man zunächst den im Plan eingezeichneten Schwerpunkt ein. Bei Eigenkonstruktionen oder gekauften Modellen muss man den EWD und Schwerpunkt selbst ermitteln.

Bei Doppeldeckern ist die Ermittlung des Schwerpunkts eine äußerst komplizierte Sache. Bisher habe ich drei ganz verschieden Ultimate geflogen, die alle jedoch eines gemeinsam haben: Der erflogene Schwerpunkt liegt exakt an der gleichen Stelle, nämlich am hinteren Pylonträger. Nicht nur meine kleine Goldberg-Ultimate (Spannweite 1,4 Meter) sondern auch der von Peter Erang konstruierte Ultimate in Styro/Balsabauweise (Spannweite 1,8 Meter, Bauplan: Neckar-Verlag) und mein 2-Meter-Voll-GFK-Ultimate gingen problemlos mit einem so eingestellten Schwerpunkt zum ersten Mal in die Luft. Beim Doppeldecker kann man die exakte Lage des Schwerpunktes eigentlich nur erfliegen.

Ausbalancieren: Nichts darf kippen

Ein weiterer wichtiger Punkt vor dem Erstflug ist das Ausbalancieren des Flugzeugs. Hierzu wird das Schwanzende des Modell zum Beispiel auf ein Sperrholzbrett gelegt, das in einem Schraubstock eingespannt ist. Dann hebt man den Flieger am Spinner soweit hoch, dass die Rumpfmittellinie etwa waagrecht verläuft. Kippt das Modell nach einer Seite weg, dann muss im Randbogen des Flügels, der nach oben weist, soviel Blei angebracht werden, bis der Kunstflieger um die Längsachse die Balance hält. Selbstklebende Bleigewichte, die zum Auswuchten von Autoreifen verwendet werden, eignen sich hierfür vorzüglich.

Erster Eindruck: Trimmen und Ruderreaktion

Bevor Sie das Flugmodell für den Kunstflug in neun Schritten optimieren, machen Sie einen Probeflug. So finden Sie schnell heraus, ob die Ruder wirklich neutral stehen, wenn das Modell gerade aus fliegt.

Gehen Sie dabei folgendermaßen vor:
Nach dem Start wird das Modell für den Geradeausflug grob getrimmt. Im horizontalen Vorbeiflug sollte der Flieger bei losgelassenen Steuerknüppeln und Halbgas zumindest für ein paar Sekunden geradeaus fliegen und nicht über eine Fläche wegkippen. Verstellen Sie die Trimmhebel am Sender solange, bis das Flugzeug nach einigen Vorbeiflügen den Kurs hält, also geradeaus fliegt.

Jetzt kommt die Ruderreaktion an die Reihe. Ein Exponentialanteil sollte zunächst beim Einfliegen keinem Kanal zugemischt sein. Hier ein Anhaltspunkt, wie schnell ein Kunstflugmodell rollen sollte: Bei vollem Querruderausschlag sollte das Modell in knapp 1 Sekunden etwa 1 Rollen fliegen. Das ist ein guter Ausgangswert für die folgenden neun Schritte.

Zum Vergleich: Die manntragende Extra 300L rollt etwa 400 Grad pro Sekunde! Die optimale Ruderreaktion des Höhenruders kann man recht einfach mit der stehenden Acht und einem eckigen Looping ermitteln. Weder Quer- noch Höhenruder dürfen mehr als 35 Grad nach oben und unten ausschlagen. Reagiert das Modell zu träge auf große Ruderausschläge, dann sind die Ausschläge zu klein oder die Ruderspalte zu groß.

Ein Abdichten der Ruderspalte mit Scharnierband löst fast immer das Problem, im Extremfall müssen die Ruderblätter vergrößert werden. Doch das ist eine aufwendige Angelegenheit, da ein neuer Flügel, neue Höhenruderblätter oder ein neues Seitenruder fällig werden.

Optimieren: Neun Schritte zum perfekten Kunstflugmodell

Klicken Sie der Reihe nach auf die neun Schritte links in der Navigationsleiste. Sie zeigen, wie man ein durchschnittliches Kunstflugmodell in ein perfektes Aerobatikmodell verwandelt. Grundlage für die Illustrationen sind aus einem Newsletter der NSRCA (National Society of Radio Controlled Aerobatics) die Mike Chipchase, Australien, vor vielen Jahren zusammengestellt hat.

Leider ist dieses interessante Textdokument (in Englisch) nicht mehr im Internet verfügbar. Doch jetzt geht es ans Eingemachte: Mit geeigneten Kunstflugfiguren erfliegen Sie die optimalen Einstellungen für Ihr Aerobatikmodell. Damit Sie die Fluglage des Modells jederzeit sehen können, sollten Sie sich zwei bis drei sonnige und nahezu windfreie Tage aussuchen. Fliegen Sie das Modell so an sich vorbei, dass die Sonne immer auf Ihren Rücken scheint. So werden Sie niemals geblendet und können das Verhalten des Flugzeugs in allen Fluglagen genau studieren und beurteilen.

Bitten Sie Ihre Modellflug-Kollegen, nicht zu fliegen und keine Motoren laufen zu lassen, wenn Ihr Flugzeug in der Luft ist und auf Aerobatic getrimmt wird.