5. Der Motorflug

Klar zum Motor-Erstflug

• Ausgabe Aviator 01/2008

Bevor man erste Kunstflugfiguren meistern kann,
sind wichtige Einstellarbeiten während der Bauphase und des Einfliegens nötig.

Kreiseleffekt:

Kunstflug beginnt schon während der Bauphase mit dem Einhalten der erprobten Herstellerangaben für Schwerpunkt, Motorsturz, Motorseitenzug, Einstellwinkel der Tragflächen, des Höhenleitwerks und der V-Form.

 

Torque

Das Motordrehmoment (Torque-Effekt) versucht das Modell um seine Längsachse nach links zu rollen.
Der in Flugrichtung gesehen rechts herum drehende Propeller stützt sich nach dem Prinzip Aktion/Reaktion auf der linken Seite des Motorträgers ab und erzeugt damit ein Drehmoment in die Gegenrichtung.

Bedingt durch diesen Effekt wird während des Startlaufs das linke Fahrwerksrad stärker auf den Boden gedrückt.
Die erhöhte Bodenreibung lässt das Modell nach links ziehen. Während des Flugs mit Normalgeschwindigkeit macht sich der Torque-Effekt kaum bemerkbar.
Im Langsamflug und bei Annäherung an den Strömungsabriss tendiert das Modell dazu, nach links zu rollen und über die linke Tragfläche abzukippen.

 

Vor dem Erstflug

Eine große Hilfe beim Kontrollieren und Einstellen der vorgegebenen Winkel bietet die Einstellwinkel-Differenz-Waage von z.B. Robart (auch andere Hersteller bieten solche Hilfsmittel an. Robart steht hier nur als Beispiel).

Sie besteht aus einem Anzeigegerät mit einer Wasserwaagen-Libelle und einem Zeiger, der den Winkel zur Lotrechten anzeigt. Das Anzeigegerät wird zusammen mit zwei Haltern auf eine Schiene geschoben und ist vielseitig anzusetzen. Um einen möglichen Anzeigefehler des Auges (Parallaxe) zu verhindern, befindet sich hinter dem Zeiger eine Spiegelskala.

Wird der Zeiger unter einer nicht korrekten Blickachse betrachtet, so ist die Rückseite des Zeigers links oder rechts auf dieser sichtbar. In diesem Fall muss die Blickachse nach links oder rechts verlagert werden, bis sich der Zeiger und sein Spiegelbild decken. Nur so ist der abgelesene Wert richtig

Sehr praktisch ist es, das Modell für Einstell- und Montagearbeiten auf einen Ständer aufzubocken. Zunächst ist die Rumpfachse waagerecht auf diesem auszurichten. Das verläuft nicht immer problemlos.

Bei einem ovalen Rumpf ohne Kanten fehlt die Bezugslinie.
Außerdem liegt häufig die Rumpfauflagefläche des Cockpitbodens nicht parallel zur Längsachse des Rumpfs.

Ausgerichtet werden kann in diesem Fall durch Anlegen der Messwaage an den vorderen Ringspant des Rumpfs
oder an die Abschlusskante der Seiten­leitwerks-Flosse.
Diese beiden Geraden stehen in einem rechten Winkel auf der Rumpflängsachse.

Zeigt das Messgerät an diesen Anlegeorten 0 Grad in der Lotrechten an, so befindet sich der Rumpf in der Waagerechten. Diese Lage muss mittels Gummibänder oder Gewichte fixiert werden. Das ist die Voraussetzung für die folgenden Messungen.

In einem ersten Schritt werden die Tragflächen in einem vorgegebenen Einstellwinkel ausgerichtet. Das ist der Winkel zwischen der Profilsehne und der Rumpfachse. Dieser Winkel ist positiv. Er stellt im Horizontalflug den besten Kompromiss zwischen Auftrieb und Widerstand dar.

Die Nasenleiste der Tragfläche steht dabei etwas höher als die Endleiste. Der Einstellwinkel des Modells Extra 300S beträgt zum Beispiel 0,25 Grad. Die Messung erfolgt an beiden Tragflächen in Rumpfnähe. Bei einer baulichen Korrektur sollte man sich ausreichend Zeit nehmen und sehr sorgfältig arbeiten.

Auf keinen Fall darf der Einstellwinkel negativ eingestellt werden.

Das Modell würde ständig nach unten ziehen und es wäre nahezu unsteuerbar.

Waage von Robart und Winkelmesser zum Einstellen von Ruderausschlägen

Einstellarbeiten

Im gleichen Schritt wird der Einstellwinkel des Höhenleitwerks gemessen. Der Winkel beträgt üblicherweise 0 Grad zur Rumpflängsachse. Bei dieser Messung muss das Höhenruder zur Dämpfungsfläche in der Neutralstellung ausgerichtet und fixiert sein. Somit ergibt sich aus dem Einstellwinkel der Tragflächen und dem des Höhenleitwerks eine Einstellwinkeldifferenz (EWD) von 0,25 Grad.

Die EWD ist vom Konstrukteur vorgegeben und hat folgenden Zweck:

Wird die Nase des Modells durch eine Vertikalböe leicht angehoben, so vergrößert sich der Anstellwinkel der Tragflächen (Einstellwinkel = Konstruktionsgröße; Anstellwinkel = Flugzustandsgröße). Gleichzeitig gelangt das Höhen­leitwerk aus seiner Nullauftriebslage in einen positiven Anstellwinkel, erzeugt Auftrieb und dreht über den langen Leitwerkshebel um die Querachse zurück.

Die EWD hat also eine stabilisierende Wirkung auf den Horizontalflug und hilft Nickschwingungen zu dämpfen (Längs­stabi­lität um die Querachse). Natürlich darf bei einem Kunstflugmodell die stabilisierende Wirkung nicht zu sehr ausgeprägt sein. Ein indifferentes und wendiges Flugverhalten hat Vorrang.

Motorsturz

Der Wert des Motorsturzes bei der Extra 300S beträgt 0,5 Grad. Das heißt, dass bei waagerecht liegendem Rumpf der Motor leicht nach unten geneigt eingebaut ist. An den praktischen Haltern der Robart-Waage ist eine Anschraubmöglichkeit für diese Messung vorgesehen. Auch hier muss die Einstellung sorgfältig nach der Angabe des Bausatzherstellers erfolgen.

 

Verläuft bei einem Modell die Widerstands­ resultierende (Gesamtwiderstand aus den Teilwiderständen von Rumpf, Fahrwerk, Tragflächen und Leitwerk) oberhalb des Schwerpunkts, so entsteht über diesem Widerstand ein aufbäumendes Moment um den Schwerpunkt.

Verläuft – bedingt durch die Einbaulage des Motors – die Motorzugachse unterhalb des Schwerpunkts, entsteht um diesen ein aufziehendes Moment. Wenn nun über einen Motorsturz die Zugachse etwas gekippt wird, kompensieren sich die aufbäumenden Momente.

Der Wert des Motorsturzes bei der Extra 300S beträgt 0,5 Grad. Das heißt, dass bei waagerecht liegendem Rumpf der Motor leicht nach unten geneigt eingebaut ist. An den praktischen Haltern der Robart-Waage ist eine Anschraubmöglichkeit für diese Messung vorgesehen. Auch hier muss die Einstellung sorgfältig nach der Angabe des Bausatzherstellers erfolgen.

Seitenzug

Tritt der so genannte Korkenziehereffekt auf gibt es ein Giermoment nach links.

Lässt man den Motor nach rechts ziehen, geht die Schubachse links am Schwerpunkt vorbei und es entsteht ein ausgleichendes Giermoment nach rechts. Der Motorseitenzug beträgt zirka 2 bis 3 Grad.

Auf der Seite liegend und mit waagerechter Ausrichtung der Rumpfachse wird der Seitenzug eingestellt. Bei einem Blick von oben auf den Motor zeigt sich, dass die Spitze des Spinners aus der Rumpfmitte nach rechts gewandert ist.

Mit einem kleinen Versatz auf der Motorplatte, der nach links gerichtet wird, schafft man einen Ausgleich und bringt die Spinnerspitze in die Rumpfmitte zurück. An die Herstellerangaben für EWD, Motorsturz, Seitenzug und die Parameter der V-Form der Tragflächen und des Schwer­punkts sollte man sich halten. Erst beim Einfliegen können diese Werte exakt abgestimmt werden.

Video: Sturz und Seitenzug einstellen/erfliegen
(Quelle: www.airmix.de)

Propeller

Die Luftschraube setzt die Motorleistung in Schubkraft um. Jede ist mit einem Aufdruck versehen, der den Durchmesser und den Blatt­steigungswinkel in Zoll angibt.

Dabei gilt der Grundsatz: Größerer Durchmesser liefert mehr Schub und größere Steigung mehr Geschwindig­keit. Um den Motor in seinem optimalen Drehzahlbereich zu betreiben, ist es aber nicht möglich, beide Werte gleichzeitig und beliebig zu erhöhen. Die Wahl einer Luftschraube mit größerer Steigung geht mit einer Reduzierung ihres Durchmessers einher.

Ebenso muss bei einem größeren Durchmesser die Steigung verringert werden. Der zurückgehende Steigungswinkel zum Blattende hin gewährleistet trotz höherer Umfanggeschwindigkeit eine gleichmäßige Schubverteilung über die Länge der Blatthälften. Vergleicht man den Fortschrittsgrad einer Luftschraube mit einer Schraube, so würde sich zum Beispiel eine 18 x 10-Zoll-Luftschraube pro Umdrehung um 10 Zoll vorwärts bewegen. Dies ist ein theoretischer Wert. Da die Luft kein fester Körper ist, sind 20 bis 30 Prozent Schlupf als Verlust vorhanden.

Bei der Wahl einer Luftschraube sollte man den Empfehlungen des Motorenherstellers folgen. Dabei ist anzumerken, dass bei einer Luft­schraube mit hoher Steigung die Leerlaufdrehzahl niedrig einstellbar sein muss, um die Landerollstrecke nicht unnötig zu verlängern.

Für leistungsfähige Motoren eignen sich die Luftschrauben von APC oder Meilcjk besonders gut. Diese Luftschrauben haben einen guten Wirkungsgrad und laufen aufgrund ihrer Steifigkeit leise. Mit der Auswuchtwaage von Kavan lassen sich Luftschrauben grammgenau ausbalancieren.

Das Abfeilen der schwereren Blatthälfte oder das Einbringen kleiner Ausgleichgewichte in die Nabe lässt die Luftschraube unter gleichmäßiger Belastung der Kugellager rotieren.

Ein schlecht ausgewuchteter Propeller zerstört über kurz oder lang die Kugellager der Kurbelwelle. Eine teuere Reparatur oder ein kompletter Ersatz des Motors ist die Folge

Eine ausgewuchtete Luftschraube läuft schwingungsärmer und ist entsprechend angenehmer in der Geräuschentwicklung. Beim Kauf einer APC-Luftschraube werden Sicherheitshinweise und eine Formel zur Berechnung der höchstzulässigen Drehzahl beigefügt.

Bei der Extra 300S hat der Autor den Antrieb YS 140 DZ mit einer APC-Luftschraube 17 x 10 Zoll bestückt. Ebenfalls empfehlenswert sind Luftschrauben aus Carbon. Sie sind extrem verwindungssteif, neigen nicht zum Flattern und reduzieren die Lärmentwicklung so weit wie möglich.

Wegen der Motordrehrichtung nach rechts, versucht der Torque-Effekt das Modell in Gegenrichtung nach links zu rollen. Beim Korkenzieher-Effekt versetzt der Propeller die Luftmasse in eine Drehbewegung, sodass sie sich um den Rumpf windet

Auswuchtwaage von Kavan. Die unterschiedlichen und zurückgehenden Steigungswinkel zur Blattspitze sind eingezeichnet

Korkenzieher-Effekt

Der Korkenzieher-Effekt (Slip-Stream) macht sich am stärksten bemerkbar. Die Luftmasse des Propellerschubs strömt nicht parallel zum Rumpf nach hinten ab. Der Propeller versetzt die Luftmasse in eine Drehbewegung.

Der Propellerstrahl windet sich korkenzieherförmig um den Rumpf. Am Leitwerk angekommen, beaufschlagt er das Seitenleitwerk an der in Flugrichtung gesehen linken Seite. Das Modell giert um seine Hochachse nach links. Besonders stark ist dieser Effekt bei niedriger Geschwindigkeit und hoher Motordrehzahl, wie es bei einem Vollgasstart aus dem Stand heraus oder im Anfangssteigflug der Fall ist.

Dies kann man mit einem Seitenruderausschlag nach rechts ausgleichen. Im Horizontalflug mit hoher Geschwindigkeit lässt der KorkenzieherEffekt nach, da der Drall in die Länge gezogen wird. Bei einigen Kunstflugfiguren macht sich dieser Effekt unangenehm bemerkbar.

Asymmetrischer Schub

m Steigflug, also bei hohem Anstellwinkel, wird der Propellerkreis nicht mehr im rechten Winkel wie während des Horizontalflugs durchströmt. Je nach Anstellwinkel des Modells ändert sich auch der Anstellwinkel des Propellerprofils.

Dabei ergibt sich folgendes Bild:

Die rechte abwärts gehende Blatthälfte hat einen größeren Anstellwinkel als die nach oben gehende linke. Diese unterschiedlichen Anstellwinkel erzeugen einen größeren Propellerschub an der rechten Seite der Propellerebene.

Wegen dieser unsymmetrischen Verteilung weicht das Modell im Steigflug nach links ab. Mit einem Seitenruderausschlag nach rechts ist dies auszugleichen.

Im linken Bild sieht man den Anstellwinkel der rechten abwärts gehenden und links unten den Anstellwinkel der linken aufwärts gehenden Blatthälfte

 

I

Propeller-Kreiseleffekt

Die Achse eines Kreisels verhält sich im Raum stabil. Das Kippen der Kreiselachse bewirkt eine Gegenkraft. Wird durch Betätigen des Seiten- oder auch des Höhenruders die Kreiselebene des Propellers bewegt, entsteht eine seitliche Kraft (Präzession).

Diese wirkt in einem 90-Grad-Winkel zur Kippbewegung der Achse und in die Drehrichtung des Propellers. Je schwerer der Propeller und je größer sein Durchmesser, umso stärker wirkt sich der Kreiseleffekt aus. Er nimmt Einfluss auf den Startlauf. Kurz vor dem Abhe­ben rotiert das Modell um seine Radachsen. Das Leitwerk hebt sich.

Die Propeller-Kreiselachse kippt nach vorne. Der Kreiseleffekt bewirkt ein Gieren nach links. Auch dies kann mit einem Seitenruderausschlag nach rechts ausgeglichen werden. Alle während des Startlaufs und Steigflugs auftretenden Propellereffekte summieren sich und bewirken eine Gierbewegung nach links.

Start und Steigflug

Am Beginn eines Kunstflugtrainings steht der geradlinige Start, gefolgt von dem ebenso gleichmäßigen Steigflug. Nach Erreichen der Aus­gangs­höhe beendet eine 90-Grad-Querabkurve den Startvorgang. Das Modell beschleunigt aus dem Stillstand und beginnt mit dem Startlauf. Dabei machen sich nun die im vorherigen Abschnitt beschriebenen Propellereffekte bemerkbar. Besonders betroffen sind dabei stark motorisierte Modelle. Werden die beschriebenen Effekte nicht beachtet, so endet der Startlauf möglicherweise am Rand der linken Startbahnhälfte.

Kunst­flugmodelle mit einer großen Seitenruderfläche reagieren sensibel auf hastige und zu große Seitenruderausschläge, die das Ausbrechen nach links verhindern sollen. Für einen gelungenen Start sollte man langsam steigend Gas geben und mit einem großen Seitenruderausschlag nach rechts anrollen, um mit stetig erhöhter Rollgeschwindigkeit das Seitenruder immer weiter auf neutral zurückzuführen, bis der Punkt des Abhebens erreicht ist.

Ein Start mit Seitenwind sollte auf der Mittellinie der Startbahn erfolgen. Ein kurzer Blick zum Windsack verrät, ob der Seitenwind das Ausbrechen nach links verstärkt oder aber bei Seitenwind von rechts – bedingt durch den Windfahneneffekt – die Ausbrechtendenz nach links neutralisiert.

An heißen Sommertagen mit hoher Luftfeuchtigkeit verlängern sich die Startlaufstrecken, denn Auftrieb, Motorleistung und Propellerschub sind abhängig von der Luftdichte !!!

Dies ist speziell für Jets enorm wichtig, weil die Turbinenleistung sehr stark abhängig ist, von der Luftdichte.

Quelle: http://www.modell-aviator.de